Sergeij Tretjakow: „Ich will ein Kind haben!“
(Originaltitel: Chocu rebenka!)
1. Fassung. Aus dem Russischen von Fritz Mirau
In diesem Stück, inszeniert von Hans-Albrecht WEBER am Hoftheater Prenzlauer Berg Anfang der 1980er, hatte ich eine kleine Rolle als 4. Frau, die mir damals auf den Leib geschrieben schien. Ich soll diese Rolle sehr überzeugend gespielt haben. Vielleicht, weil ich gar nicht spielen musste? Den Konflikt zwischen Familie und Arbeit kannte ich mit drei Kindern nur zu gut!
Den Text kenne ich noch heute auswendig:
4. Frau: Hast du es eilig?
Milda: Nein, Rede. Warum sieht man dich nicht auf den Versammlungen? Auf der Konferenz warst du auch nicht. Was ist los mit dir? Krank?
4. Frau: Nein.
Milda: Verdienst du schlecht?
4. Frau: Nein.
Milda: Was dann?
4. Frau: Ich will nicht mehr arbeiten.
Milda: Wieso denn das?
4. Frau: Ebenso. Ich bin aus der Partei ausgetreten.
Milda: Aus der Partei ausgetreten?
4. Frau: Keine Kraft mehr. Der Mann macht mich verrückt. Kommt von der Arbeit, hungrig und böse, brüllt: bei anderen kocht die Frau noch menschlich, warum du so säuisch? Lenka kann ich auch nicht ohne Aufsicht lassen.
Milda: Ich hab ihn gesehen. Mit verbundenem Arm.
4. Frau: Am Spirituskocher verbrannt. Ich bin am Ende mit meiner Kraft. Eins geht nur. Familie oder Partei.
Milda: Geht es nicht doch zusammen?
4. Frau: Mit dem Sohn käme ich hin. Krippe. Kindergarten. Dies, das. Die Arbeit schaffte ich schon. Aber der Mann. Die haben mich doch entlassen.
Milda: Warum?
4. Frau: Weil mein Mann arbeitet.
Milda: Jetzt bist du Hausfrau?
4. Frau: Ja.
Milda: Tut es dir nicht leid, dass du aus der Partei raus bist?
4. Frau: Quäl mich nicht noch. Ich muss gehen. Alles Gute. Lass mich in Ruhe. Ich komm nicht mehr. Spät genug. Der Mann wird toben.
(Die Anspielungen und das Zwischen-den-Zeilen versteht heute kaum noch jemand. Nach dem Stück waren wir schwanger – Schluss mit dem Theater spielen.)