Mori-Ôgai-Gedenkstätte Berlin / ベルリン森鷗外記念館・ベアーテ・ヴォンデ

Kusama Yayois Biografie in deutscher Übersetzung

Ich bin die moderne Alice im Wunderland

Gemeinsame Veranstaltung mit der Übersetzerin Nora Bierich am 15. März 2018, 18 Uhr MOG

Ich bin mit 28 Jahren nach Amerika gegangen. Hätte ich das nicht getan, wäre ich heute nicht die, die ich bin.
In ihrer Autobiografie schildert die heute fast 90jährige Kusama Yayoi in einfachen, klaren Worten ihren tollkühnen Aufbruch in eine neue Welt. Sie erinnert sich an das, was sie familiär geprägt, ja, traumatisiert hat, was sie hinter sich lassen wollte und musste auf der Suche nach einer einzigartigen Kunst.
Als anfangs bettelarme Künstlerin in New York malte Kusama, getrieben von krankhaften Halluzinationen und obsessiven Ideenschüben, ihre großen Netzgemälde, bald kamen Softskulpturen hinzu und viele heute legendäre Happenings und Bodypaint-Aktionen, mit denen sie in der New Yorker Hippie-Szene neben Andy Warhol zur Leitfigur avancierte, während die japanische Presse sie verdammte und ihre Familie auf Abstand ging.
Als sie in den 70er Jahren, zermürbt von der psychischen Krankheit, schließlich nach Japan zurückkam, ließ sie sich in Tokyo in eine psychiatrische Klinik einweisen, in der sie bis heute lebt. Gegenüber der Klinik aber hat sie sich ihr Atelier eingerichtet, in dem sie tagsüber nach wie vor obsessiv an ihren Bildern arbeitet.
Seit ihrer Rückkehr hat Kusama Yayoi immer wieder über das unterschiedliche Verständnis von Kunst in Japan und der westlichen Welt nachgedacht und darüber, wie man Kunst und KünstlerInnen in ihrem Heimatland besser fördern könnte.
In den langen Jahren seit ihrer Rückkehr hat sie mit Japan Frieden geschlossen und die Schönheit der Natur und der japanischen Sprache wiederentdeckt. Neben ihrer Malerei begann sie Gedichte und Romane zu schreiben. Die Verleihung des Yasei-Jidai-Preis 1983 für ihren Roman Die Höhle der Stricher von Christopher Street markierte ihr offizielles Debüt als Schriftstellerin, viele weitere Texte und Auszeichnungen folgten.
Heute ist Kusama Yayoi eine weltweit gefeierte Künstlerin, mit ihren Punkten und Kürbissen gilt sie als Ikone der Avantgardekunst, die sich zugleich gut zu vermarkten weiß. Überall in der Welt werden ihre Kunstwerke gezeigt und ihre Produkte verkauft. Nach mehreren großen Ausstellungen auch in Japan eröffnete die Künstlerin Ende September 2017 in Shinjuku schließlich ihr eigenes Museum in unmittelbarer Nähe zu der psychiatrischen Klinik, in der sie lebt. Träger ist die Kusama-Stiftung, die sich auch für die Verbreitung ihres Oeuvres einsetzt.

Nora Bierich studierte Philosophie und Japanologie in Berlin und Tôkyô und übersetzt seit über zwanzig Jahren japanische Literatur. 2008 erhielt sie für ihre Übertragung von Ôe Kenzaburôs Tagame. Berlin – Tokyo den Übersetzerpreis der Japan Foundation. Nora Bierich lebt und arbeitet in Berlin.
Sie übersetzte neben anderen Karatani Kôjin, Murakami Haruki, Ôe Kenzaburô, Kaneshiro Kazuki und Seirai Yûichi. Neben der Autobiografie von Kusama Yayoi erscheint im Piet Meyer Verlag demnächst in ihrer Übersetzung ein Porträt des Bildhauers Giacometti aus der Feder seines japanischen Freundes, des Philosophen Yanaihara Isaku. Momentan arbeitet Nora Bierich an der Übersetzung eines weiteren Romans von Ôe Kenzaburô.

Offizielle Webseite: http://yayoi-kusama.jp/


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